Fünf Generationen Familiengeschichte

Artikel aus Deutscher Drucker 5. Mai 2022 | Nr. 6/58. Jahr  - Von Robert Glaser

 

Bei Thiekötter in Münster wird seit 1879 – damals noch unter dem Namen Tumbrink – gedruckt. Inzwischen ist die fünfte Generation am Ruder, die  das Unternehmen mit viel Elan auf Zukunftskurs hält. 

Im Münsterland ist das Unternehmen bestens bekannt: Die Thiekötter GmbH & Co. KG an der Kleimannbrücke in Münster. Seit 1879 wird bei dem Familienunternehmen Tumbrink – und seit 1977 unter der Familie und dem Namen Thiekötter – das „Druckhandwerk“ betrieben. Verwurzelt mit der Stadt Münster, vielen langjährigen Kunden sowie Lieferanten, die die nachhaltige Firmenphilosophie des Unternehmens zu schätzen wissen, entwickelte sich aus dem Handwerk im Lauf der Zeit eine industrielle Produktion.
Inzwischen hat sich die fünfte Generation an die Arbeit gemacht, um das Unternehmen für die Zukunft weiter gut aufzustellen. Dabei wurde der Betrieb bei den Druck & Medien Awards 2021 mit Gold als Familiendruckerei des Jahre ausgezeichnet und hat zudem zwei Mal Silber als Etikettendrucker und Directmailer des Jahres gewonnen.
Die Geschwister Anja und Daniel Thiekötter führen seit 2016 das heute annähernd 100 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zählende Unternehmen. Unterstützt werden sie von ihren Eltern Barbara und Bernd Thiekötter. Außerdem arbeitet mit Julia Thiekötter die Ehefrau von Daniel Thiekötter im Unternehmen. Die Familienbande wird mit Timo Tumbrink – ebenfalls ein Nachkomme der Gründer-Familie von Friedrich Tumbrink, der das Unternehmen bis 1914 aufgebaut hatte – komplettiert.

Eine Familie – fünf Generationen

Im Juni 1977 übergab Heinz Tumbrink in dritter Generation das Unternehmen an Bernd Thiekötter und dessen Ehefrau Barbara, geborene Tumbrink. Sie setzten in einem sich wandelnden Industriezweig auf die richtigen technologischen Trends. Der Bleisatz wurde durch den neuen Fotosatz ersetzt. Aus der Buchdruckerei Tumbrink wurde eine Offsetdruckerei. Im Oktober 1987 ging die erste Heidelberg Speedmaster Vierfarben-Bogenoffsetmaschine Münsters in Betrieb. Zum Jahresbeginn 1989 erfolgte die Umfirmierung in Thiekötter Druck. Mit der ersten Computer-to-Plate-Anlage in Münster gelang es 1999 erneut, einen entscheidenden Trend frühzeitig zu erkennen.
Zwei Jahre nach der sogenannten „Digitaldruck-Drupa“ im Jahr 2000 investierte Thiekötter Druck in die noch junge Technologie. Heute werden auf einer HP-Indigo vor allem Kleinauflagen und Personalisierungen für Mailings gedruckt. Mit Anja Thiekötter trat 2001 die fünfte Generation ins Unternehmen ein, ihr Bruder Daniel folgte 2007.

Als geschäftsführende Gesellschafter setzen Anja und Daniel Thiekötter mit der Kama ProFold 74 auf Verpackungen wie Faltschachteln oder Mappen.

Großes Investitionspaket  

Heute produziert Thiekötter Druck in erster Linie Werbe- und Verpackungsdrucksachen. Man konzentriert sich dabei auf kleine bis mittlere Auflagen aus dem Qualitätssegment. Im Offset- und Digitaldruck entstehen im Zwei-Schicht-Betrieb individuelle Druckaufträge für Kunden aus ganz Deutschland. Trotz Corona und dem damit verbundenen Einbruch der Umsätze im Geschäftsfeld der Werbedrucksachen konnte das Unternehmen auch in 2020 einen stabilen Umsatz erzielen. Der Gewinn lag sogar über dem Vorjahr.

„Das liegt daran“, so Anja Thiekötter, „dass wir bereits seit einiger Zeit immer stärker im Bereich der Verpackungsdrucksachen tätig sind. Auch dort haben sich coronabedingt Schwankungen ergeben, aber insgesamt konnten wir in diesem Markt weiter wachsen.“ Daniel Thiekötter: „In 2020 haben wir ein enormes Investitionsprogramm gestartet. Insgesamt sind 2,5 Millionen Euro in Maschinen, Gebäude und Ausstattung geflossen. Dabei wurde nicht nur eine Heidelberg Speedmaster XL 75-5 L aus dem Jahr 2012 gegen eine der neusten Generation mit ImpressControl getauscht, sondern auch für das Verkleben von Faltschachteln in eine Kama ProFold 74 und das Veredeln von Rollenhaftetiketten in eine Grafotronic CFÇ investiert. Durch die ProFold wurde die Wertschöpfung bei der Produktion von Faltschachteln ausgebaut. Die Grafotronic trägt dem Wachstum bei Etiketten des Getränkesektors für Aluminium-Dosen Rechnung. Dabei liegt der Fokus weiterhin auf kleinen bis mittleren Auflagen.“ Mit zwei neuen Büroräumen und der Installation einer raumlufttechnischen Anlage der Firma Multicross konnten zudem die Arbeitsbedingungen weiter verbessert und sowie hohe Ansprüche in Sachen Energieeffizienz erfüllt werden.

 

Das Veredeln von Rollenhaftetiketten ist Aufgabe der Grafotronic CF². Mit Gold- oder Silberfolie und einer zusätzlichen Schutzlackierung versehen, gestanzt als auch geschnitten – so bedient Thiekötter den wachsenden Bedarf der Getränkeindustrie.

Vielseitig wie keine andere

Anfang 2022 krönte eine Kama ProCut 76 Foil Stanz-, Präge- und Veredelungsmaschine den Expansionskurs bei Thiekötter. Sie macht mit zehn verschiedenen Anwendungen die Druckweiterverarbeitung für die Kundenwünsche noch flexibler und unterstützt den Trend zur Veredelung. Hiermit holte Thiekötter viel Wertschöpfung ins Haus. Die Fertigung herausragender Printprodukte für den Akzidenz- und den Verpackungsmarkt wie hochwertige Grußkarten und Präsentationsmappen, Produktanhänger für Luxuslabels, Gutscheine, geprägte Wein- oder Klebeetiketten bis hin zu versionierten und personalisierten Faltschachteln ist jetzt automatisiert. Ob im Offset oder digital gedruckt, die Kama-Lösung liefert seit Januar zuverlässig präzise veredelte Zuschnitte und Produkte. Sie ist der ideale Nachfolger für den vorhandenen Zylinder und bringt die Weiterverarbeitung auf ein neues Level: Mit dreifacher Leistung, Registergenauigkeit und mehr Optionen für die Wertschöpfung. Die Veredelungsstanze ist netzwerkfähig und seit ihrer Installation im Dauereinsatz.

Die Kama ProCut 76 Foil liefert seit Januar 2022 präzise veredelte Zuschnitte und Produkte.
Sie ist der ideale Nachfolger für den vorhandenen Zylinder und bringt die Weiterverarbeitung bei Thiekötter auf ein neues Level.

Zertifizierungen und Umsetzungen in der Praxis

„Als produzierendes Unternehmen geht es darum, jeden Tag Produkte zu erstellen, die eine optimale Funktionalität bei gleichzeitig möglichst kleinem Fußabdruck bieten“,  erklärt Daniel Thiekötter, warum man sich einer CSR Auszeichnungsprüfung von November 2018 bis April 2020 unterzogen hat. Die Bemühungen im Bereich Corporate Social Responsibility in einem Projekt des CSR-Kompetenzzentrums Münsterland endeten mit der Zertifizierung zum CSR-Unternehmen NRW. Daniel Thiekötter ist sogar CSR-Botschafter des Landes NRW.
„Eine nachhaltige und damit an langfristigen Zielen orientierte Unternehmensführung liegt bei einem Familienunternehmen, das seit 143 Jahren in der Stadt Münster produziert, auf der Hand. Wir wollen unserer Verantwortung gegenüber der Umwelt, unseren Mitarbeitern, Kunden, Lieferanten und auch der Stadt gegenüber gerecht werden. Daher versuchen wir unser Handeln und unsere Produktion an den Interessen aller dieser Parteien auszurichten“, erläutert Anja Thiekötter den erstellten Maßnahmen-Katalog.
Diese Umwelt-Maßnahmen wurden bereits umgesetzt:

•    2007 – Zertifizierung nach ISO 9001
•    2008 – Teilnahme an einer Energieeffizienz-studie der Druckindustrie
•    2011 – FSC-Zertifizierung
•    2011 – Angebot von CO2-neutraler Druckproduktion
•    2014 – Austausch von 500 Leuchtstoffröhren auf LED-Tubes
•    2014 – Zertifizierung als Ökoprofitbetrieb der Stadt Münster
•    2017 – Umstellung auf eine chemielose Druckplatte (Agfa Azura)
•    2017 – Rezertifizierung als Ökoprofitbetrieb der Stadt Münster
•    2018 – Leasing von sieben E-Bikes und Überlassung an Mitarbeiter über Entgeldumwandlung

 

Im Mittelpunkt steht der Mensch

Bei der CSR-Selbstbewertung hat das Projektteam von Thiekötter einen Schwerpunkt im Themenbereich Arbeitsplatz und Mitarbeiter erarbeitet. Daher konzentrieren sich die Maßnahmen des Familienunternehmens auf Mitarbeiterzufriedenheit und Mitarbeiterbindung. Sie reichen von generellen organisatorischen Anpassungen, wie dem regelmäßigen Führen von Mitarbeitergesprächen, bis hin zu sehr konkreten Einzelmaßnahmen.
Aufbauend auf den Mitarbeitergesprächen wird beispielsweise eine individuelle Schulungsplanung durchgeführt. Bei den konkreten Maßnahmen reicht das Spektrum von Einzelaktionen wie einem Sommerfest, bei dem gemeinsam eine Bienenwiese angelegt wird, bis hin zu strukturellen Veränderungen wie einer App zur Mitarbeiterkommunikation. Das schweißt die große Betriebs-Familie noch enger zusammen.