Ein Kreis schließt sich

Kramermahl: Daniel Thiekötter und Tobias Möhle sind die Pokalträger 2020

Tobias Möhle (l.) und Daniel Thiekötter werden im Rathausfestsaal den Goldenen Hahn und den Schiffspokal dem Oberbürgermeister überreichen.

Münster. Sie sehen sich gerade zum ersten Mal in ihrem Leben. Zunächst siezen sie sich eine ganzeWeile. Daniel Thiekötter wechselt als Erster ins Du – automatisch; Tobias Möhle passiert es einige Minuten später, er rudert zunächst zurück. „Du ist okay – ich finde, wir sollten uns duzen“, bricht Thiekötter das letzte Stück Eis. Auf Bitten unserer Zeitung sind beide in einem Lokal in der Innenstadt zusammengekommen. Mütter mit ihren Babys dominieren die Atmosphäre; das Café ist an diesem normalen Wochentag im Januar überraschend gut gefüllt.

Grund für das Treffen: Möhle (22) und Thiekötter (38) sind die Pokalträger 2020. Heißt: Sie werden am 14. Februar beim Kramermahl des Vereins der Kaufmannschaft zu Münster gemeinsam Schiffchen und Goldenen Hahn durch den Festsaal des Rathauses tragen und Oberbürgermeister Markus Lewe überreichen. Sie freuen sich darauf, sagen sie, und sie sind stolz – „na, klar“ –, diese Aufgabe übernehmen zu dürfen.

Das Kramermahl. Was bedeutet diesen beiden jungen Kaufleuten diese Traditionsveranstaltung, bei der Männer im dunklen Smoking oder Frack die Szenerie beherrschen? „Da sind nicht nur Männer, da sind auch Frauen – ich war schon da“, wirft Daniel Thiekötter charmant ein, um dann gleich ernster festzustellen: „Es gibt tüchtige Unternehmerinnen in Münster.“ Sie gehörten selbstverständlich dazu.

Tobias Möhle nickt. Er erzählt wenig später, dass er seinen Vater schon mit 13 oder 14 Jahren gefragt habe – „und danach immer wieder in unregelmäßigen Abständen“ –, ob er nicht einmal mit dürfe. Für ihn ist es jetzt die erste Teilnahme; Daniel Thiekötter hatte zuletzt vor zwei Jahren, als Kardinal Reinhard Marx Festredner war, das Vergnügen.

Möhle steht kurz davor, sein Bachelor-Studium in Betriebswirtschaft abzuschließen, zeitgleich arbeitet er im elterlichen Betrieb mit, widmet sich im Elektrogroßhandel der Familie vor allem dem digitalen Bereich. Thiekötter leitet zusammen mit seiner Schwester Anja das Unternehmen Thiekötter Druck, der Vater hat es an die Kinder übergeben. „Ich weiß, dass mein Vater wahnsinnig stolz darauf ist, dass ich Pokalträger bin.“ Er versuche gerade noch, eine Karte zu bekommen, erzählt Daniel Thiekötter schmunzelnd. Dass Bernd Thiekötter stolz auf seinen Sohn ist – vielleicht liegt das auch daran, dass sich am 14. Februar irgendwie ein Kreis schließen wird: Es war Hans Thiekötter, der Opa des diesjährigen Pokalträgers, der den Hahn einst rettete und ihn nach dem Krieg mit dem Fahrrad wieder aus den Baumbergen, wo er versteckt worden war, zurück nach Münster brachte. „Ich kenne die Geschichte erst seit fünf Jahren“, verrät Daniel Thiekötter. Er macht eine kurze Pause und sagt dann zu Tobias Möhle: „Ich würde gerne den Hahn tragen.“ Möhle stimmt sofort zu.

Die persönlichen Verbindungen zum Kramermahl sind das eine. Das andere? Daniel Thiekötter erzählt an diesem Morgen, dass er CSRBotschafter für Nordrhein-Westfalen ist. Das Kürzel steht für „Corporate Social Responsibility“ und damit für unternehmerische Verantwortung für die Gesellschaft. Es geht darum, dass Unternehmer freiwillige Beiträge zu einer nachhaltigen Entwicklung, die über die gesetzlichen Forderungen hinausgehen, leisten. Dass es die Kaufleute von Münster waren, die nach dem Krieg die – nachhaltige –  Entscheidung trafen, den Prinzipalmarkt historisch wieder aufzubauen, bringen Möhle und Thiekötter zur Sprache. Dass die Werte der Kaufmannschaft damals wie heute immens wichtig sind, daran lassen sie keinen Zweifel aufkommen. Sie müssten weitergetragen werden – auch außerhalb des Vereins der Kaufmannschaft.

Nachhaltigkeit ziele heute weltweit und lokal auf die Verringerung des CO2-Ausstoßes, auf Energieeinsparungen ab, nennt Tobias Möhle Beispiele. „Wer soll es denn machen, wenn nicht die Wirtschaft?“, fragt er und setzt überzeugt hinzu: „Zusammen erreichen wir mehr, als jeder Einzelne das für sich kann.“

Von Bettina Laerbusch